Rembetiko Geschichte und Instrumente
Die Musik, welche wir heute als Rembetiko bezeichnen, hat schon eine lange Entwicklung hinter sich. Die wirklichen Anfänge des Rembetiko gehen mit Sicherheit bis weit ins 19. Jahrhundert zurück. Musikalisch fassbar wird das Rembetiko aber erst durch das Erscheinen kommerzieller Schallplatten mit Haschisch-, Unterwelt- und mehr oder weniger vulgären Liebesliedern, die vor allem von in die USA ausgewanderten Interpreten vorliegen.
Um 1904 sind die ersten Plattenaufnahmen von Musik im Rembetiko-Stil außerhalb Griechenlands gemacht worden, eben in Amerika aber auch in der Türkei
Das Rembetiko ist von seinem Ursprung her eine städtische Musik, und man vermutet, dass Rembetika 1 gegen Ende des 19. Jahrhunderts in einer Anzahl urbaner Zentren auftauchten, in denen Griechen lebten. Um diese Zeit entstanden Musik-Cafés in Städten wie Athen und Piräus, Larissa, Hermoupolis, auf der Insel Syros, in Saloniki, das noch unter türkischer Herrschaft stand, Smyrna, an der türkischen Küste und in Konstantinopel.
In diesen Cafés improvisierten zwei oder drei Sänger in Versen, oft in Form eines Dialogs in freiem Rhythmus und freier Melodie. Da sie den Ausruf ‚aman, aman‘ benutzten, um Zeit für die Improvisation neuer Textzeilen zu gewinnen, wurden die Lieder Amani genannt. Eine der frühesten Formen des Rembetikoliedes war tatsächlich das Amane, ein halbimprovisiertes Lied, in das Verse mit langen melodischen Verzierungen auf das Wort ‚aman‘ eingestreut sind. Kostas Roukounas, ein Komponist und Sänge, der verschiedene Stile beherrschte – Dimotiko, Café Aman und Rembetika – komponierte eine große Anzahl von Amanes (das heißt, er schrieb die Verse dazu – die Musik wurde nach einem gegebenen Modus improvisiert).
Um die Zeit, als das Rembetiko populär wurde, war das Amane aus der Mode gekommen. Die langen melodischen Verzierungen der Singstimme wurden dem Instrumentalisten überlassen und das Wort ‚aman‘ wurde zu einer kurzen Unterbrechung im Lied.
In den frühen griechischen Cafés Aman wurde einfach an einem Ende des Cafés etwas Raum für die Musiker freigelassen. Wandernde Straßenmusikanten, viele von ihnen Zigeuner, spielten für kurze Zeit in einem Café und zogen dann weiter. Später wurden kleine Orchester, sogenannte Kompanias, vom Café auf Dauer verpflichtet. Sie bestanden aus traditionellen, teils türkischen, teils griechischen Instrumenten wie dem Santouri, der Flöte, der Violine, dem Lauto, und der Oud. Häufig traten auch zwei Frauen in den Cafés Aman auf – eine sang Lieder im türkischen Stil, die andere tanzte. Nach Art der türkischen Zigeuner gebrauchten sie Fingerzimbeln und Tamburins, um den Tanzrhythmus zu unterstreichen.
Der am häufigsten aufgeführte Tanz war der Tsifteteli, und der Sembekiko, der zum Haupttanz des Rembetiko wurde. Die Musik, die in den Cafés Aman gespielt wurde, war für die Entwicklung des Rembetiko wichtig, aber es gab noch einen anderen musikalischen Stil, der sich gleichzeitig mit der Musik des Café Aman herausbildete und auf die Entwicklung des späteren Rembetiko noch größeren Einfluss hatte.
Seit dem griechischen Unabhängigkeitskrieg war die politische Situation in Griechenland von politischer und wirtschaftlicher Unsicherheit bestimmt gewesen. Das Leben in Griechenland war geprägt von Korruption, Repression und Gewalttätigkeit und seit den Zeiten des ersten Königs im modernen Griechenland, Ottos von Bayern (1832 – 62) waren die griechischen Gefängnisse voll politischer und einfach krimineller Gefangener und in den Gefängnissen wurden Instrumente gebaut und Lieder komponiert.
Die Musikinstrumente, welche sich gut dazu eigneten und wahrscheinlich sogar bei den Gefängnisaufsehern verbreitet waren, waren die Buzuki und das Baglamas. Sie begleiteten mit ihnen ihre Lieder, welche als Murmurika reihum leise gesungen wurden. Diese Gefängnislieder wurden auch außerhalb des Gefängnisses gesungen und diese Musik wurde in den Unterweltkreisen der griechischen Städte populär.
Später, als dann unter der Metaxas-Diktatur 2 Repressionen aller Art eintraten und die Rebetikomusik, das Haschischrauchen und sogar die Musikinstrumenten verboten wurden, da kam die „große“ Stunde des kleinen Baglama. Man hatte keine Möglichkeit mehr öffentlich in den Tekedes 3 zu spielen und musste sich heimlich treffen. Dazu brauchte man Instrumente, welche sich leicht verstecken ließen.
Wegen ihrer geringen Größe war die Baglama am leichtesten zu bauen und zu verstecken. Ein Kürbis, ein Schildkrötenpanzer oder eine Kokosnuss konnte an die Stelle eines hölzernen Resonanzbodens treten und alles, was man dann noch brauchte, war ein Stück Holz für den Griff, Darmstücke für die Bünde und Draht für die Saiten.
Nach 1923, speziell im Zusammenhang mit der kleinasiatischen Katastrophe, kam nun die Orchestertradition des Café Aman, nach Griechenland, wo sie auf die Gegentradition des Bouzouki als Einzelinstrument traf.
In den 30er Jahren hatte die Bouzouki und die Musik, die damit gespielt wurde, in Griechenland noch einen schlechten Ruf, eben weil sie mit der Unterwelt verbunden war. Aber durch erfolgreiche Schallplattenimporte, vor allem aus Amerikawurde das geächtete Bouzouki akzeptabler, so dass es 1934 zu den ersten Aufnahmen mit Markos Vamvakaris in Athen kam.
Er gilt seither als Verkörperung des einfachen, rauhen Singstils, und tatsächlich sind seine einfachen Haschischlieder (hasiklidhika) den entsprechenden Beispielen unbekannter Herkunft ähnlich. Eine ganze Reihe von Bouzoukispielern hatten nun Erfolg 4, wurden entdeckt und betreut von den bei den Plattengesellschaften angestellten Mästri, wie Panajotis Toundas oder Spiros Peristeres 5. Die Café-Aman-Musiker begannen sich dieser Entwicklung anzupassen, nahmen Bouzoukia in ihre Ensemble auf und strebten eine Vermischung der Stile an. Trotzdem verloren sie an Popularität, während das Bouzouki zum Inbegriff der Rembetikomusik wurde.
Nach 1936 entstanden Aufnahmen auch von jüngeren Bouzoukispielern 6, die meist nicht aus dem Haschisch- und Unterweltmilieu stammten. Nach einer durch den zweiten Weltkrieg und die Okkupation bedingten Unterbrechung dominierten sie die Plattenproduktionen und die ursprünglichen Rembetiko-Orchester; bestehend hauptsächlich aus Bouzouki-Baglama-Guitarre; wurden durch Akkordeon , Violi, Santur und Klavier erweitert. Später wurden auch elektrisch verstärkte Instrumente und sogar das Schlagzeug mit aufgenommen, was eine starke Verwestlichung des Klangbildes bewirkte.
Das Bouzouki
Das oder die Buzuki ist ein Saiteninstrument aus der Familie der Langhalslauten 7, welche so oder in ähnlicher Form auf dem ganzen Balkan und im vorderen Orient unter den Namen Tambur, Tambura, Tamburitza, Panduris oder Baglama verbreitet sind. Das Wort Baglama bezeichnet im Türkischen wiederum eine ganze Gruppe von Langhalslauten. Der Regionen und der Größe nach ist es unter den Namen Baglama, Divan sazi, Bozuk, Çögür, Kopuz Inzva, Cura, Tambura bekannt 8.
Die Bouzouki und die Saz haben sich, unter anderem auch wegen der engen kulturellen Verknüpfungen im osmanischen Reich, lange Zeit sehr ähnlich entwickelt, bzw. dürfte es in früherer Zeit diese strikte Unterteilung in Bouzouki und Saz gar nicht gegeben haben, da im Türkischen der Begriff Bozuk umgangssprachlich für die Divan sazi verwendet wurde. Vielmehr hat sich jeder Musiker ein Instrument eingerichtet wie es seinen Bedürfnissen entsprach 9.
So sahen sich Bouzoukis und Saz um die Jahrhundertwende noch sehr ähnlich. Sie hatten einen aus Vollholz geschnitztem Korpus, oft ein Schallloch unterhalb der Saitenaufhängung, also nicht auf der Decke, und hölzerne Stimmwirbeln. Der entscheidende Unterschied war, dass die Bünde schon chromatisch angeordnet waren. Manchmal waren sie sogar schon durch metallene chromatische Bünde ersetzt worden und die Bouzouki so nicht mehr für die türkische Spielweise zur gebrauchen, da nur noch reine Tonarten gespielt werden konnten.
Ein wesentlicher Unterschied, der sich auch auf die Mensurlänge 10 dieser Instrumente auswirkt, ist der Standort des Steges. So steht dieser bei der heutigen Saz auf 1/5 der Decke von der Saitenaufhängung aus gesehen und bei den Bouzoukis bei 1/3, was bei einer Saz bei gleicher Instrumentengröße zu einer wesentlich längeren Mensur führt. Wann dieser Wechsel stattfand ist aus heutiger Sicht nur noch schwer zu sagen.
Ein weiterer Unterschied ist die Saitenspannung der Instrumente. So hat das Buzuki stärkere Saiten und eine höher Saitenspannung, was im Gegensatz zur Saz einen härteren klareren Klang hervorruft.
Anfang der frühen 20er Jahre führte dann der Einfluss der italienischen Musik und das Bekanntwerden der italienischen Mandoline zu einer Veränderung der Bauart der Bouzouki zu der heute bekannte Form. Der Korpus wird nun aus Spänen aufgebaut 11 und es werden Metallmechaniken mit Übersetzungen verwendet. Außerdem wird ein relativ großes Schallloch auf der Decke zwischen Griffbrettende im oberen Viertel der Decke eingeführt.
Die Mensurlänge beträgt zwischen 60 und 70 cm. Die Grundstimmung der Bouzouki ist Dad, aber es auch ein paar andere Stimmungen beschrieben wie Gad und Aea. Diese Stimmungen haben auch Namen, wie die verschiedene Stimmungen der Saz und so wird in einem Lied von Michalis Jenitsaris auch von der „Kara Duzeni“ (türk.: schwarze Stimmung) gesungen.
Die Übernahme der Bauart führt soweit, dass moderne Bouzoukis aussehen wie große Mandolinen mit überlangem Hals, und die Erinnerung an den Ursprung dieser Instrumente lebt nur noch in den meist einfacher gebauten Baglamadhes weiter.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde eine Bouzouki mit 4 Saiten entwickelt 12, welche CFAD gestimmt wurde und damit gitarrenähnlicher zu spielen war. Um 1960 verwenden dann die meisten Bouzoukispieler in der Bouzoukias (Nachtclubs) Magnettonabnehmer und die Orchester spielten über Verstärkeranlagen.
Die Baglama, die Tsuras, Bouzoukobaglama und der Rest des Clans
Die Baglama ist vom Aussehen her ein kleines dreisaitigen Bouzouki. Die Gesamtlänge beträgt zwischen 40 und 60 cm, die Mensurlänge liegt meist zwischen 30 und 40 cm, meisten aber 33 cm und orientiert sich damit an der Mensurlänge Mandoline, deren Saiten man auch verwenden kann 13.
Wie oben schon erwähnt wurden zum Bau der Baglama nicht nur Holz verwendet. So gibt es sehr schöne Baglamadhes aus Schildkrötenpanzern oder Kokosnüssen.
Andere ähnliche Instrumente, welche zur Bouzoukifamilie gehören sind das Tzouras, Bouzoukomana und das Gonato. Wahrscheinlich sind zwischen 30 und 70 cm Mensurlägen alle Formen der Bouzoukifamilie gebaut worden. Eine genauere Zuordnung der Zwischengrößen ist mir aber nicht möglich oder wird von jedem anders gehandhabt.
Die Gitarre und ihre Spielweise
Die im Rembetiko verwendete Gitarre entspricht der in Mitteleuropa verwendeten Gitarre, ist allerdings überwiegend mit Stahlsaiten ausgerüstet und wird mit dem Plektrum gespielt. Das in der griechischen Volksmusik als Begleitinstrument weit verbreitete Lauto wird jedoch nur in Ausnahmefällen verwendet. Dagegen scheint die Kontra- oder Schrammelgitarre, welche durch ihre zusätzliche Basssaiten eine erweiterte Anwendung hatte, eine Zeitlang häufiger benutzt worden zu sein.
In der Zeit da die elektrische Verstärkung der Musikinstrumente aufkam und damit sich auch das Wesen der Musik veränderte wurde dann nur noch die E-Gitarre verwendet.
Die Musik des vorderen Orients kennt die Liedbegleitung mit Akkorden in der mitteleuropäischen Form nicht. So wurden auch Anfang des Jahrhunderts, als der orientalische Einfluss auf die griechische Musik noch sehr stark war, die Lieder sehr häufig nur durch ein Melodieinstrument begleitet und der Rhythmus wurde durch Krusta (Percussion)-instrumente oder Klatschen und Stapfen mit den Füßen begleitet.
Die Spielweise der Gitarre hat sich durch die Zeit erheblich verändert. So wird in frühen Beispielen, bei „Argiles“ und „Pente chronia + dhikasmenos“, nur ein begleitender Basston gespielt. In anderen alten Aufnahmen, z.B. Frankosiriani von Vamvakaris werden Akkorde zur Begleitung verwendet, aber es wird nur der Akkord zum Grundton gespielt und ein einfaches Schlagmuster mit Wechselbass verwendet. In der Folgezeit erhöhte sich dann die Zahl der verwendeten Akkorde, es wurden Vorschläge zu den Akkorden, Bassläufe und ganze Melodiepassagen, meistens parallel zum Melodiespiel des Bouzouki, eingeführt. Sehr schön lässt sich das an zwei Aufnahmen von „Vre mangas to macheri su“ zeigen.
Die Musikistrumente des Smyrnastils
Die Ud
Das Uti (die Oud) hat einen großen halb-birnenförmigen Korpus, der aus Spänen aufgebaut wird, und ein kurzes breites Griffbrett ohne Bünde. Der Kopf bildet einen rechten Winkel mit dem kurzen Hals aus dem die Wirbel wie bei der Violine seitlich herausragen. Sie hat fünf Paare gleichgestimmter Saiten und eine Einzelsaite 14. Sie sind an einem Steg auf der Decke befestigt. Normalerweise wird das Uti in Quarten gestimmt. Die verbreiteste türkische Stimmung beginnt mit mit dem D auf der höchsten Saite und ist DAEBF#C# . Die arabische Variante ist CGDAEB und einige andere Stimmungen sind: CGDAGD, GDAEDA, DAEBAE, GDAEDA.
Sein Name leitet sich aus dem arabischen „al oud“ (Holz, Holzzweig) ab und auch seine Herkunft ist aus dem arabischen Raum und dem vorderen Orient, wo sie auch heute noch weit verbreitet ist und eine über 2000-jährige Geschichte hat. Im griechisch sprachigen Raum wurde das Uti früher nur von den Griechen Kleinasiens und Konstantinopels gespielt. Nach der Katastrophe von 1922 und dem Austausch der Bevölkerungen verbreitete sich das Uti dann im ganzen griechisch sprachigen Raum.
Gespielt wird das Uti mit einem langen Plektrum, welches früher aus einem Federkiel oder Kirschbaumzweig bestand. Heutzutage besteht es meist aus Kunststoff. Neben ihrer Verwendung als Solo- und Melodieinstrument wird sie sehr oft auch als Rhythmus- oder Begleitinstrument verwendet. Wenn das Uti z.B. die Geige begleitet, werden oft nur einzelne Töne korrespondierend zum Grundton des verwendeten Dhromos im Rhythmus angeschlagen.
Das Tschümbüsch
Das Tsümbüsch ist eine Art Banjo, in Spielweise, Besaitung und Stimmung aber der Ud sehr ähnlich.
Das Santur
Das Santur, aus Persien stammend, ist auch als Hackbrett, Zimbal, Cymbel oder hammered dulcimer in ganz Europa und im Orient, aber speziell auf dem Balkan, bekannt. Beim Santur handelt es sich um ein Instrument, bei dem die Saiten ähnlich wie bei einem Klavier aufgespannt sind. Die Saiten werden üblicherweise mit hölzernen Klöppeln geschlagen. Es wird aber auch häufig mit dem Plektrum oder einem Federkiel angezupft.
Das Kanunaki
Das Kanun (kanunaki) ist eine orientalische Zither. Im Gegensatz zur alpenländischen Zither ist dieses Instrument mit Darm- oder Nylonsaiten bespannt. Der Steg steht interessanterweise nicht auf der hölzernen Decke des Instruments sondern auf einem Pergament (Trommelfell), ähnlich wie beim Banjo. Dadurch ergibt sich der sehr charakteristische Klang.
Ein weiterer Unterschied ist die große Anzahl (bis zu 8) der Schalter pro Saite mit welchen das Kanunaki für die entsprechenden Tonarten umgestimmt werden kann.
Die Geige
Obwohl in früherer Zeit wohl noch häufiger die Lyra verwendet wurde, setzte sich später die bekannte westeuropäische Geige (Violi) durch. Manchmal wird für diese jedoch eine andere Stimmung verwendet (G-D-A-D).
Krusta
Bei den Smirneika werden eine ganze Reihe Percussioninstrumente verwendet. Weit verbreitet ist das Tumbeleki, welches früher aus Ton getöpfert wurde. Als Membrane wurde oft Ziegenleder verwendet, aber auch Fischhaut (Nilbarsch z.B.). Heutzutage ist der Körper der Tumbeleki zumeist aus Metall, Aluminium oder Messing.
Verwendung findet auch eine große Rahmentrommel und das Defi (Tamburin), ein Holzrahmen mit Metallschellen. Sehr orientalisch und schrill klingen auch die Fingerzimbel, welche zilia genannt werden. Es wird je ein Paar an jeder Hand verwendet und gegeneinander geschlagen. Im Piräusrembetiko wird auch ein anderes „Instrument“ verwendet. Dort wird der Rhythmus mitgespielt indem ein Wasserglas über ein zwischen Jackett oder Hose und Hand aufgespanntes Komboloi geschrappt wird.
Die Laterna 15
Wie die Mandoline und die Gitarre, so ist auch die Laterna kein traditionelles Volksmusikinstrument. Dennoch wurden im vorigen Jahrhundert und bis heute auch Volksmusikmelodien auf ihre Walzen gestanzt, für Feste in städtisch-bürgerlichen Lokalen. Parallel dazu vertreten im städtischen Umfeld dieser Epoche mit Quadrillen, Landauern und andere Tanzmelodien der Mode aus Mitteleuropa, sehnte man sich in Augenblicken der gefühlvollen Intension zeitweilig nach der Rückkehr zu den Wurzeln.
Wie auch immer, dennoch hat es Bedeutung für die Volksmusik. Die Prägung der Zylinder der Laterna bewirkte ihre Harmonisierung. Die besonders guten Präger 16 waren fremder Herkunft. Sie stammten aus den städtischen Zentren des 19. und 20. Jahrhunderts, wie Konstantinopel (Istanbul), Smirna (Izmir), Piräus, Sira, Athen und andere. Sie waren mit den italienischen Melodien der Oper, Kanzonetten und Kantaten Athens und der sehr italienisch (venezianisch) geprägten ionischen Inseln aufgewachsen und weit entfernt von der Tradition des griechischen Volksliedes. Diese Präger hämmerten die traditionellen Melodien harmonisch, wie die anderen europäischen Lieder der damaligen Mode, auf der Basis der Regeln der westlichen Musik auf die Walzen. Diese Harmonisierung der geprägten Melodien, Gegensatz zu der modalen Grundlage der Volksmusik und auch des Rembetiko, hatte einige Bedeutung (Auswirkung) auf diese, obwohl die Zahl der auf die Zylinder geprägten Melodien relativ gering war. Weil die Laterna von einer breiten volkstümlichen Schicht gehört wurde, die sich wegen der Harmonisierung ihrer Volksmusik von dem traditionellen Hörverständnis entfernte.
Heute (Erscheinungsdatum des Buches) lebt von den alten Prägern der Laternawalzen nur noch Nikólaos Armáos. Er wurde 1890 in Konstantinopel geboren und setzte seine Arbeit über 50 Jahre in Piräus fort. Dort ließ er sich nieder, als er 1923 aus Konstantinopel kam. Von ihm laufen, repariert oder ausgestattet, die wenigen Laternes, die es noch gibt. Ausgehend von dem Zentrum in Athen waren diese wenigen Laternes auch in einigen abgelegenen Vierteln zu hören wenn auch ohne das Defi, welches dieses gewöhnlich früher begleitete. Sie sind ein blasse Erinnerung an das alte romantische Athen.
Die Laterna wird auch Oranáki (das Instrumentchen) genannt, oder romvia, welches der griechisch ausgesprochene Name des italienischen Herstellers POMBIA ist.
Literatur
Wenn man sich eingehender mit den Musikinstrumenten des Rembetikos beschäftigen will, verdienen zwei der am Ende aufgeführten Publikationen besondere Beachtung: F. Anojeanakis hat einen umfassenden Bildband der griechischen Musikinstrumente der griechischen Musikinstrumente geschaffen. In ihm stellt er auch die im Rembetiko gebräuchlichen dar, zusammen mit einer kurzen Beschreibung der städtischen Musikformen 17.
E. Petropulos hat ein umfangreiches Werk geschaffen, welches neben Liedtexten, Kommentaren zu musikalischen Fragen und Interviews mit einigen Musikern eine große Anzahl von Photographien enthält. Diese zeigen unter anderem die damaligen Kompanies und deren Musikinstrumente 18.
Bibliographie
Anojeanakis, Fivos, Ellinika Laika Musika Organa, Ekdhotikos Ukos „Melissa“, Athen, 2. Auflage, 1991.
Boukouvala, Dhimitrios I.: Bouzouki – I techniki tou ke i dhidhaskalia tis (Bd. II), Eigenverlag, 1985.
Brown, David, Introduction to Saz and other Middle Eastern Long-neck Lutes, frühere Quell-URL nicht mehr erreichbar
Brown, David, Ouds, frühere Quell-URL nicht mehr erreichbar
Daily, Ross, Die Baglama
Dietrich, Eberhard, Das Rebetiko, Eine Studie zur städtischen Musik Griechenlands, Beiträge zur Ethnomusik, Band 17, Verlag der Musikalienhandlung, Karl D. Wagner, Hamburg, 1987.
Holst, Gail, Rembetika – Musik einer griechischen Subkultur, gerhardt verlag, Berlin, 1979.
Holst, Gail, road to rembetiko, Anglo-Hellenic Publishing, D. Harvey&Co., Athen 1975.
Frühere Quell-URL nicht mehr erreichbar
Kourzakis, Dimitris, Dissertation, Manchester, 1993.
Kurt, Irfan, Baglamada-Düzen ve Pozisyon, Pan, Istanbul, 1989.
Mavromoustakis, A.: Praktiki methodhos jia baglama ke exachordho bouzouki, Endhosis Doremi, Thessaloniki.
Mustairas, Jorgos N., musiki mu dhiplochordho …, to bouzouki, i istoria tu ke ta mistik tu, Paratirititis Argolidhas, Argos, 1996.
Ozdemir, Ulas, Ancient Sound of the Baglama, Skylife, 1999.
Petropulos, Elias, Rebetologia Monotone Schwätzerei in 24 Paragraphen, Lettre International 77, 1990.
Petropulos, Elias, Rembetiko Tragudhia, Kedros, Athen, 1968/1979.
Reinhard, Kurt und Ursula: Musik der Türkei (Bd. I & II), Heinrichshofen´s Verlag Wilhelmshaven, 1984.
Saz and Baglama; Ancient Sound of the Baglama,http://home3.swipnet.se/~w-35053/sazandb.htm
Torun, Mutlu, Guitar of the Middle East, Skylife, 1999.
Van Straaten, Hans: Rebetiko: Griekse stadsmuziek met een Turkse basis, Diplomarbeit, Amsterdam.
Yilmaz, Zeki: Türk Musikisi Dersleri, Istanbul, 1983.
Fußnoten
- Das Wort Rembetiko wird aber zu diesem Zeitpunkt für diesen Musikstil noch nicht verwendet. ↩︎
- 1936 führte die Metaxas-Diktatur zur Schließung der Haschisch- und Unterweltlokale. ↩︎
- Lokale, in denen unter anderem Haschisch geraucht wurde. ↩︎
- Z.B. Stelios Keromutes, Anestos Dhelias, Jiorgos Batis, Michalis Jentsaris ↩︎
- Beide selber Musiker und Komponisten des Syrnastils ↩︎
- Vor allem Vasilis Tsitsanis, Manolis Chiotis, G. Mitsakis, G. Papaionannu, A. Chatzichristos. ↩︎
- Eine der ältesten Formen der Laute ist die Familie der Langhalslauten, welche heute die griechische (und irische) Bouzouki, das arabische Buzuk, die vielen verschiedene Formen der türkischen Saz, das persische Setar, das armenisch-persische-zentralasiatische Tar, das afghanische Tumbur, Dambura und Dutar, und selbst die nodindische Sitar umfasst. Per Definition ist jede Laute, deren Hals länger ist als der Korpus eine Langhalslaute, so dass technisch gesehen sogar das amerikanische Banjo zu dieser Familie zählt. ↩︎
- Das kleinste und das hellste Ton gebende Instrument der Baglama Familie ist die Cura. Ein bisschen grösser als die Cura und ein Oktave tiefer klingender als die Cura ist die Tambura. Das am dunkelsten klingende Instrument der Baglama Familie ist der Divan Saz. Der Tambura nach klingt es ein Oktave tiefer. ↩︎
- wie es in neuerer Zeit auch noch geschieht, wenn man den Umbau von der dreisaitigen zur viersaitigen Bouzouki betrachtet oder die Übernahme der Bouzouki in die Mitteleuropäische, speziell irische, Folkmusik. ↩︎
- Abstand zwischen Sattel und Steg. ↩︎
- Es gibt mittlerweile auch Saz, deren Korpus aus Spänen aufgebaut wurde. ↩︎
- Seit ca. 5 Jahren werden auch Saz mit einer einer 4. Saite gebaut. ↩︎
- Wenn man die hohen E-Saiten als hohe D-Saiten verwendet. ↩︎
- Sie ist die tiefste und dickste Saite und wird auf türkisch „Bamteli“ genannt. ↩︎
- Orchestreon ↩︎
- Das waren die Handwerker, welche die Walzen herstellten und die Melodien mit kleinen Nägeln darauf nagelten. ↩︎
- Anojeanakis, Fivos, Ellinika Laika Musika Organa, Ekdhotikos Ukos „Melissa“, Athen, 2. Auflage, 1991 ↩︎
- Petropulos, Elias, Rembetiko Tragudhia, Athen, 1968/1979. ↩︎